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Maschinen-gesteuerter Journalismus soll AOL retten

 von Frank Hoffmann 

Bild: Weißer Brief mit AT-Zeichen und dem Schriftzug: "Sie haben Post!"

Dulles/Virginia - „Sie haben Post!“ Wer kennt sie nicht, die sanfte, weibliche Stimme für eine neue E-Mail-Nachricht. Klar, die sprechende Computer-Frau von AOL. Das ist allerdings schon ein paar Jährchen her.  Mit dem Namen AOL öffnet sich eine Tür voller nostalgischer Erinnerungen.

Um die Jahrtausendwende wurde das Internet zu einem Massenphänomen. Als Modems für die meisten Menschen bis dato die einzige Möglichkeit waren, ins Internet zu gehen, schlug die große Stunde von AOL. Keiner brachte mehr Menschen ins digitale Netz wie American Online. Mitten in der Dotcom-Blase fusionierte AOL im Höhenrausch und beseelt vom Größenwahn für 100 Milliarden Dollar mit dem Medienkonzern Time Warner.

Doch schon recht bald folgte nach dem Höhenflug der jähe Absturz. Es entstand der größte Irrtum der Mediengeschichte. Internet-Anschlüsse bekommt man mittlerweile an jedem Stehcafe um die Ecke, und so konnte AOL nicht wie geplant die Kundenmassen zu Filmen, Zeitschriften, Büchern und Internetangeboten von Time Warner lenken. Als dann auch DSL-Flatrates für unter 20 Euro auf dem Markt feil geboten wurden, hatte AOL im Konzert der Großen wie Google, Apple oder Microsoft endgültig verloren. In Europa ist AOL zur Randerscheinung verkommen, in Deutschland hat sich der Internet-Anbieter komplett zurückgezogen.

Die großen Telekommunikationskonzerne und neue Konkurrenten wie die Kabelnetzbetreiber übernahmen das Ruder. AOL verlor scharenweise Kunden und schrieb hohe Verluste. Alleine 2010 waren es rund 600 Millionen Dollar. Schließlich floppte die Ehe mit Warner Brother. Das Internet-Unternehmen wurde wie ein antiquiertes Möbelstück verramscht und abgestoßen.

Nun schlägt das AOL-Imperium, oder zumindest, die Reste, die von ihm übrig geblieben sind, zurück. Es könnten jedoch die letzten Zuckungen des Internet-Dinos gewesen sein, denn weitere horrende Verluste wie im vergangenen Jahr kann sich das Unternehmen kaum mehr leisten.

AOL versucht als heutiger Content-Anbieter und Werbevermarkter, den lokalen Nachrichten-Markt von hinten aufzurollen. Dazu betreibt AOL inzwischen Dutzende von Internetseiten mit journalistischen Nischenangeboten. Mehrere Hundert Städte haben inzwischen eine lokale AOL-Seite. Ziel soll sein, weltgrößtes Medienunternehmen für lokale Nachrichten zu werden.

AOL will dabei jene Lücken füllen, die in vielen amerikanischen Städten hinterlassen wurden, als lokale und regionale Zeitungen ihren Betrieb eingestellt haben. Hierzu passt der Kauf von über 315 Millionen Dollar der Huffington Post als publizistisches Flaggschiff.

Die Huffington Post ist eine Nachrichten- und Kommentarplattform, die 2005 von Arianna Huffington und Kenneth Lerer mit nur einer Million Dollar Startkapital gegründet wurde. In den USA gehört die Zeitung mittlerweile zu den beliebtesten besuchten Websites, sie wird monatlich von 25 Millionen Menschen gelesen.

Journalistisch gesehen bestreitet AOL neue Wege. Viele Artikel entstehen, weil eine mathematische Formel errechnet hat, dass sich just in diesem Augenblick viele Menschen für ein bestimmtes Thema interessieren. Dafür wertet eine Maschine aus, was Menschen gerade in Suchmaschinen eintippen, was große Nachrichtenseiten thematisieren und was sich die Menschen im Kurznachrichtendienst Twitter erzählen.

Sobald dann ein Thema herausgefiltert wurde, bekommt ein freier Journalist den Auftrag, es aufzubereiten. Ganz so neu ist das Konzept nicht. Berühmt wurde mit diesem maschinen-gesteuerten Modell des Journalismus' die US-Firma Demand Media, die in jüngerer Vergangenheit eher durch Dumping-Löhne ihrer Journalisten von sich reden machte, aber bei ihrem aktuellen Börsengang darauf verzichtete, ein Geschäftsergebnis zu präsentieren.

Ob AOL in der Lage sein wird, den freien Fall durch maschinen-gesteuerten Lokaljournalismus zu stoppen, ist mehr als fraglich, denn die Huffington Post erzielte bisher pro Leser im Monat nur ein Bruchteil dessen, was die New York Times im Internet mit Werbung erwirtschaftet hatte.

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